Ich hatte nicht geglaubt, sie jemals wiederzusehen. Eline Kontabur. Schlank, gut gebaut und 180 Zentimeter groß. Wir waren vor 5 Jahren zusammen auf Talon. Einer der unwirtlichsten Planeten die ich je kennen gelernt habe. Temperaturen um Minus 75 Grad. 375 Tage im Jahr Dämmerlicht.

Was einen dahintreibt? Die Suche nach Tarenin-Erzvorkommen. Sie hatte Glück und fand welches. Es war keine große Erzmine die sie entdeckte. Dann krachte der Eisberg herunter und begrub Eline Kontabur unter sich. Ich buddelte sie aus, schleppte sie Drei Tage lang bis zur nächsten Station. Sie blieb im Krankenhaus und ich zog weiter. Es hielt mich nirgends lange.

 

Vor einer Woche fand sie mich und überreichte mir eine Urkunde, in der ich als Teilhaber der Kontabur Mining LTD. eingetragen war.

Um die Sache kurz zu machen. Ich verkaufte meine Anteile an Eline zu einem Spottpreis, bezahlte meine Schulden, die sich im Lauf des letzten Jahres angesammelt hatten und stellte mir von dem Rest des Geld eine Ausrüstung zusammen.

Sie hält mich übrigens für verrückt, aber das hat man mir vor gut einem Jahr schon mal vorgeworfen.

 

Und nun bin ich hier in einem Transport-Raumschiff der TransAll-StarLine.

Vor einem Jahr war ich auf Zanar gewesen und habe Freunde gefunden. Anthropomorphe Freunde. Wesen, die aufrecht gehen wie Menschen, eine Sprache haben und aussehen wie Tiere. Sie haben Fell, Reißzähne und alle Attribute eines Tieres. Damals ging es mir nur darum, zu beweisen das es die Anthros gibt. Klar, hätte ich aus diesem Wissen Profit schlagen können. Das war die Sensation und ich wäre ein gemachter Mann. Aber ich habe diesen Hang nicht dazu. Ich habe meine Entdeckung nie bekannt gegeben. Verrückt, denken Sie? Mag sein. Ich kann damit leben und bereue meine Entscheidung nicht.

 

Gedankenverloren spiele ich mit dem blauen Stein, den ich an einem Lederband um den Hals trage. Es ist ein blauer Edelstein mit weißen Adern durchzogen. Arim A'Se, ein Anthrowolf überreichte ihn mir zum Abschied. Er hatte ihn von Ryad, einem Welpen bekommen und sollte ihn an mich weitergeben. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Arim, Ryad und Kira meine Freundin. Ich freue mich auf die Rückkehr nach Zanar.

 

 

Das Shuttle ist gelandet und der Gleiter ausgeladen. Kopfschüttelnd startet der Pilot und fliegt zurück zum Transport-Raumschiff der TrasAll-StarLine. Tja, er konnte nicht verstehen, das ich nur einfach gebucht habe.

 

Zwei Jahre ist es her seit ich Zanar verlassen habe. Meine Wanderung ist beendet. Kabar hat seinen Weg gefunden. Kabar ist mein zanarischer Name und bedeutet Wanderer.

Während ich dem davon schwebendem Shuttle nachschaue schnalle ich mir meine alten Blaster um. Es ist eine Helman & Karvler-Energiewaffe, die ich schon wer-weiß-wie-lange mit mir rumschleppe. Eine Ledertasche hängt über meiner Schulter. Diese habe ich bei meinem letzten Besuch auf Zanar selber gemacht. Damals hat Iria, eine Anthrowölfin mir dabei geholfen. Tief atme ich die würzige Luft ein und starre zum Horizont in der Hoffnung Anthros zu sehen. Wie damals als ich zum erstenmal hier auf Zanar, dem Planet und gleichnamigen Kontinent gelandet bin. Doch es rührt sich nichts. Da mein ganzes Hab und Gut im Gleiter ist schwinge ich mich auf den Fahrersitz und beginne meine Reise. Hier im Grasland ist es flach. In weiter Ferne sehe ich einen Wald.

Ein merkwürdiger Zufall? Hier in der Nähe bin ich schon bei meinem ersten Besuch gelandet. Ich hatte dem Piloten ungefähre Landedaten angegeben. Nein, es war schon bewusst die alten Landedaten. Ich wollte verhindern das bei der Landung Anthros gesehen werden.

Diesmal werde ich nicht durch den Wald gehen um an den Namar zu gelangen. Der Wald ist zu dicht für den Gleiter. Im stillen ärgere ich mich, das ich den Bodengebundenen Gleiter gekauft habe. Maximal Flughöhe, je nach Bodenbeschaffenheit zwei Meter. Das ist nicht viel und reicht schon gar nicht dazu aus, um über die Baumwipfel zu fliegen. Was soll es. Mein alter Gleiter war sehr langsam und dieser hier, macht einiges an Geschwindigkeit. Dann los, auf zum Namar, dem Fluss ohne Ende. Er wird so genannt, weil er quer durch den Kontinent Zanar fließt. Und das sind immerhin rund 8.000 Kilometer.

 

Knackend dehnen sich meine Glieder. Reckend und streckend schnupper ich in den Wind, der aus nordwestlicher Richtung sanft weht. Salzig, nach Meer riecht es. Doch das Meer ist weit. Der Geruch kommt vom salzwasserhaltigem Namar. Unter meinen Füßen knackt Drem, das typische Steppengras. Das Grasland liegt schon eine Weile hinter mir. Drüben auf der anderen Seite vom Fluss ist eine riesige Steppengrasebene, die Chera mi Are. Das hier scheint wohl ein Ausläufer zu sein. Doch noch ist der Namar nicht zu sehen.

 

Surrend verstummt der Generator meines Gleiters. Leise rauschend vernehme ich die Strömung des Namars. So sehr ich auch suche, das Shima von Barons'Lan, einem Sil, entdecke ich nicht. Wieso eigentlich auch, die Sils, eine reptilienartige Rasse, sind Nomaden. Es ist über zwei Jahre her als ich zuletzt Barons'Lan traf, der mich mit seinem Shima über den Namar gebracht hatte. Die Gezeitenströmung ist stark. Doch es stört mich wenig, da der Gleiter fast 2 Meter über dem Fluss schweben wird und es keinen Wellengang gibt.

 

Nun habe ich den Namar überquert. Vor mir erstreckt sich die Chera mi Are, auch große Weite genannt. Ein Tier huscht in weiter Entfernung durch die Steppe und verschwindet im Drem, dem Steppengras. Kopfschüttelnd starre ich auf den Punkt wo das Tier verschwunden ist.

„Unmöglich.“ brumme ich. Das Tier erinnert mich an einen Wolf. Doch hier in der Steppe leben keine Wölfe. Und ein Anthrowolf war es nicht. Den Punkt fixierend kratze ich mich am Kopf. Welche Tiere leben in der Steppe? Die Insekten, Vögel und Reptilien schließe ich aus. Der Drell und auch ein Krel kommen nicht in Frage. Beide sind zu klein. Yindrak, ja ein Yindrak konnte es sein. Er ist ziemlich groß, gefährlich und lebt in der Steppe. Eine Bewegung im Drem, das bis zu 80 Zentimeter hoch werden kann, reißt mich aus den Gedanken. Ein Kopf ragt heraus. Schwarz und wölfisch. Eine Sekunde nur zu sehen, dann ist er verschwunden. Aber es war kein Anthro. Ich lenke meinen Gleiter in Richtung Westen. Ab und zu sehen ich den schwarzen Wolf auftauchen. Bis zum Anbruch der Dämmerung sind es noch 2 Stunden Tageslicht. Das möchte ich ausnutzen. So schnell wie möglich zum Bukuyin, ein Wald in dem der Clan der Wolven lebt.

 

Dunkle Wolken verdecken die Sterne über mir. Mein Sturmzelt habe ich doch nicht aufgebaut. Es wäre nicht meine erste Nacht unter freiem Himmel hier auf Zanar. Die Glut des erloschenen Lagerfeuers knistert und knackt vor sich hin. Viel Holz ist in der Chera mi Are nicht zu finden. Da die Wolken immer dichter werden schalte ich zwei Elektrolampen an. Über den Generator des Gleiters kann ich sie morgen während der Fahrt wieder aufladen. Irgendwo in der Ferne grollt ein Donner. Wind kommt auf und die ersten Blitze zucken durch den wolkenverhangenen Himmel. Die Luft um mich herum ist erfüllt von Elektrizität. Als die ersten Tropfen vom Himmel fallen schnappe ich mir meine Lampen und verschwinde im Gleiter. Keine Sekunde zu früh. Ein gewaltiger Blitz zuckt aus den Wolken und schlägt unter einem mächtigen Krachen in die Steppe ein. Dann öffnet der Himmel seine Tore. Durch die Windschutzscheibe betrachte ich das Naturereignis. Waagerecht, senkrecht und diagonal jagen die Blitze durch den Himmel, der Regen prasselt auf den Gleiter. Vor meinem geistigen Auge erscheint der schwarze Wolf. Hoffentlich hat er einen trockenen Platz. Lange sitze ich noch wach und beobachte das Gewitter.

 

Gefrühstückt habe ich schon. Die Nacht schlief ich im Gleiter. Ein doch ziemlich komfortables Fahrzeug. Die Koje ist zwar kein Luxusbett, aber man kann gut drauf schlafen. Stauraum hat man hier auch reichlich. Der Boden ist mit ein paar Luken versehen, so das man an den Generator und an die Stauplätze für Werkzeug und andere Materialien gut herankommen kann. Ja, sogar ein kleiner Kühlschrank nebst Mirkowelle ist vorhanden. Es war eine gute Entscheidung diesmal ein geschlossenes Fahrzeug zu nehmen.

 

Ich komme gut vorwärts. Bei meinem ersten Besuch auf Zanar habe ich lange gebraucht um zum Dorf der Wolven zu kommen. Gleich am Anfang einer Reise traf ich auf zwei Anthrowölfen und eine Anthrotigerin. Ich durfte sie begleiten. Damals ließ ich meinen Gleiter stehen und ging zu Fuß mit ihnen mit. Heute habe ich es leichter, da ich mit dem Gleiter fahre.

 

Die Landschaft um mich herum nehme ich nicht so recht wahr. Meine Gedanken sind bei Arim A'Se, dem Anthrowolf und Kira Ani'Sha, einer wunderschönen Anthrotigerin. Zwischen Kira und mir begann damals eine Beziehung.

Je näher ich an das Dorf komme desto mulmiger wird mir.

Wird Kira noch so empfinden wie ich? Zweifel jagen durch meinen Kopf.

Habe ich richtig entschieden?

War es richtig nach Zanar zurückzukehren?

Frage ich mich, als ich den Cheogla noch klein und flach in der Ferne sehe. Dort auf diesem Berg befinden sich die Shakkeewa, die Höhlen der Tigra. Wo Kira und der Clan der Tigra leben.

 

Gegen Abend habe ich Bukuyin erreicht. Morgen früh werde ich mich auf den Weg zum Dorf machen.

 

 

Einen Teil des Weges habe ich mit dem Gleiter zurückgelegt. Jetzt bin ich zu Fuß unterwegs. Ich möchte die Anthros nicht so direkt mit der Technik konfrontieren. So wandere ich mit meiner selbstgemachten Umhängetasche durch den Wald. Bald muss die Lichtung mit den Hütten auftauchen. Kein Geräusch ist zu hören. Ich rechne damit das mir Chisa oder Ryad über den Weg läuft. Doch die beiden Anthrowelpen sind nicht zu sehen.

Als ich auf die Lichtung trete trifft mich fast der Schlag. Das Dorf ist leer. In der Platzmitte ist ein großer schwarzer Fleck. Dort hatte das Tatani, die Gemeindehütte gestanden. Zwei weitere schwarze Flecken sehe ich noch in der Nähe. Auch diese Hütten sind verbrannt. Ich schlucke. Schaue mich um und finde die Hütte von Arim und Chisa. Ich rufe nach Arim, Chisa, Ryad und alle die ich kenne. Doch keiner antwortet mir.

Arims Hütte ist leer. Nicht fluchtartig verlassen, wie ich sehe. Die Schlafffelle sind weg, sowie die Kleidung die am Geweihhaken hing. Auch liegt kein Lederstück in der Mitte des Raumes. Dort wo die Nahrung lag oder serviert wurde. Tränen steigen mir in die Augen. Wo soll ich sie suchen? Wo sind sie hingezogen? Was ist überhaupt passiert? Kraftlos sinke ich nieder.

 2-02.htm